Für viele Psychologie-Studierende ist es selbstverständlich, dass sie nach dem Bachelor direkt mit dem Master weitermachen. Oft bekommt man auch suggeriert, dass man allein mit dem Bachelorabschluss wenig anfangen kann und den Master braucht, um wirklich vollwertig zu sein. Aber ist das wirklich so? Wer berufsbegleitend studiert und das Studium komplett selbst finanzieren muss, wird vielleicht die Erfahrung machen, dass es anstrengender ist als gedacht und länger dauert als geplant. Offiziell ist auch der Bachelor bereits ein qualifizierender Abschluss. Wie stehen also die Chancen, sich allein mit einem Bachelorabschluss in Psychologie zu bewerben? Können die Berufsaussichten mit dem Bachelor in Psychologie sich dennoch sehen lassen?
Schlechte Aussichten im klinischen Bereich
Die meisten Psychologie-Studierenden haben das Ziel, im klinischen Bereich zu arbeiten. Obwohl klinische Psychologinnen oft händeringend gesucht werden, wird es im klinischen Bereich mit dem Bachelor leider oft schwer, einen Job zu finden. Zu diesem Schluss kam zumindest eine 2011 durchgeführte Studie der TU Chemnitz. Im klinischen Bereich ist in der Regel mindestens ein Masterabschluss notwendig, besser noch eine zusätzliche therapeutische Ausbildung. Glücklicherweise treffen solch hohe Anforderungen jedoch nicht auf jeden Arbeitsbereich von Psychologinnen zu. In anderen Branchen stehen die Chancen mitunter deutlich besser.
Berufsaussichten mit Bachelor Psychologie: Wie sieht es in anderen Berufsfeldern aus?
Psychologen arbeiten bei weitem nicht nur in klinischen Settings. Stattdessen findet man sie in diversen, teils recht unterschiedlichen Berufszweigen – so zum Beispiel in der Wirtschaft und im Management. Auch im Bereich Personalwesen, ebenso wie in der Unternehmensberatung, könnte ein Bachelorabschluss mitunter ausreichend sein, um die Karriere zu starten. So gibt es eine Studie des Stifterverbandes, die nahelegt, dass der überwiegende Teil der befragten Unternehmen auch Bachelorabsolventen eine Stelle anbieten würde. Mehr noch: Es wurde häufig sogar angegeben, dass es die Chance gäbe, auf sämtliche Fach- und Führungspositionen vorzudringen. Allerdings sollte man auch bedenken, dass es Unternehmen geben könnte, die es nicht zugeben würden, wäre es anders. Ebenso könnte es sein, dass in der Realität dennoch höherbezahlte und bessere Stellen hauptsächlich an Masterabsolventen vergeben werden würden.
Es kommt nicht nur auf den Abschluss an
Der Abschluss selbst ist häufig nicht das einzige Kriterium, welches bei einer Bewerbung eine Rolle spielt. Ebenso sind persönliche Eignung sowie Vorerfahrungen und besondere Fähigkeiten von Bedeutung. Wer bereits nach dem Bachelorabschluss ins Berufsleben einsteigt, hat natürlich früher die Möglichkeit, einschlägige Praktika zu machen oder sich weitere, über den Abschluss hinausgehende Fähigkeiten anzueignen. Diese Zusatzqualifikationen könnten für manche Arbeitgeber ausschlaggebender sein als ein Masterabschluss. Gegenüber Masterabsolventen, die noch keinerlei Erfahrung gesammelt haben, könnte man dann tatsächlich bevorzugt werden.
Dürfen sich Bachelorabsolventen als Psychologen bezeichnen?
Laut dem Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) sollten Bachelorabsolventen sich nicht als Psychologen bezeichnen dürfen. Diese Regelung ist in Deutschland weitestgehend verbreitet. Ganz besonders im Gesundheitssektor sind die allermeisten Unternehmen nicht bereit, Bachelorabsolventen als vollwertige Psychologen einzustellen. Wer also wirklich klinisch arbeiten möchte, der wird vermutlich um den Masterabschluss nicht herumkommen. Darüber hinaus gibt es jedoch ähnliche Berufsfelder, die sich mitunter auch mit dem Bachelorabschluss erschließen lassen.
Dazu gehört zum Beispiel das betriebliche Gesundheitsmanagement. Das Ziel des betrieblichen Gesundheitsmanagements ist es, die Gesundheit von Mitarbeitern in Unternehmen zu fördern, beispielsweise durch Vorträge, Sport- und Entspannungskurse. Hier können Bachelorabsolventen häufig ihre Fähigkeiten einsetzen. Auch im sozialen Bereich wie in der Sozialarbeit ist es teilweise möglich, als Bachelorabsolventen tätig zu werden. In der Sozialarbeit ist es manchmal erforderlich, weitere Zusatzqualifikationen zu erwerben.
Fazit: Vielfältige Berufsaussichten mit Bachelor in Psychologie vorhanden
Wie sich zeigte, gibt es so einige Branchen, in denen auch Absolventen mit einem Bachelorabschluss in Psychologie gute Chancen haben. Dazu gehören hauptsächlich die Wirtschaft, der Bereich Consulting und Coaching sowie soziale Arbeit und das betriebliche Gesundheitsmanagement. Wer direkt als psychologischer Psychotherapeut arbeiten möchte, wird jedoch um einen Masterabschluss und eine zusätzliche Therapieausbildung nicht herumkommen. Dennoch sind einschlägige Berufserfahrungen, Praktika und weitere Qualifikationen nicht zu unterschätzen. Ein Masterabschluss ist also an vielen Stellen von Vorteil – es ist aber durchaus auch möglich, mit dem Bachelorabschluss ins Berufsleben einzusteigen. Und wer weiß – vielleicht kommt nach dem Einstieg auch die Motivation zurück, neben dem Beruf noch einen Masterabschluss zu absolvieren.