Psychotherapeut/innen behandeln Menschen, die unter starken seelischen Belastungen oder psychischen Erkrankungen leiden. Da immer mehr Menschen eine Psychotherapie machen möchten, ist der Beruf sehr gefragt. Immer wieder hört man, dass Personen, die in psychischer Not sind, sehr lange auf einen Therapieplatz warten müssen. Allerdings ist der Berufsweg des Psychotherapeuten nicht ganz einfach. Er erfordert nicht nur gute Selbstkenntnis, Selbsterfahrung und Selbstreflektion, sondern oft auch viele Jahre Studium (z.B. berufsbegleitend) und theoretische Ausbildung. In diesem Artikel erfährst du, welche Wege es gibt, um Psychotherapeut/in zu werden.
Psychotherapeut/in, Psychiater/in, Heilpraktiker & Co
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, psychotherapeutisch zu arbeiten – nicht immer muss man dafür Psychologie studieren. In der Regel denkt man, wenn man an Psychotherapie denkt, jedoch an psychologische Psychotherapeut/innen.
Psychologische Psychotherapeut/innen
Psychologische Psychotherapeut/innen haben entweder
- ein Studium (Bachelor und Master bzw. Diplom) sowie eine anschließende Therapeutenausbildung absolviert, oder
- seit dem neuen Psychotherapeutengesetz von 2020 das Direktstudium Psychotherapie angefangen, welchem dann eine spezialisierende Weiterbildung in einem Therapieverfahren folgt.
In beiden Fällen besitzen die Psychotherapeuten anschließend eine Approbation. Das bedeutet, dass sie eigenständig Patient/innen behandeln und ihre Therapien über die Krankenkassen abrechnen dürfen. Der Hauptunterschied zwischen beiden Wegen ist, dass das Studium der Psychologie deutlich methoden- und statistiklastiger ist und nur wenig klinische Psychologie enthält, insbesondere im Bachelor. Das Psychotherapiestudium hingegen beinhaltet bereits eine Spezialisierung in dieser Richtung. Während man nach einem Psychologiestudium erst die Therapieausbildung absolvieren muss, um den Approbationsstatus zu erhalten, bekommen Studierende des Studienganges Psychotherapie diesen Status bereits nach dem Studium. Psychologische Psychotherapeut/innen behandeln ihre Patient/innen mit Gesprächstherapie. Das bedeutet, dass sie eines der vier in Deutschland zugelassenen Psychotherapieverfahren anbieten – dazu gehören die Psychoanalyse, die tiefenpsychologisch orientierte Psychotherapie, die Verhaltenstherapie und die Systemische Therapie. Medikamente dürfen psychologische Psychotherapeut/innen nicht verschreiben.
Psychiater/innen (ärztliche Psychotherapeut/innen)
Psychiater/innen haben, im Gegensatz zu Psychotherapeut/innen, Medizin studiert und eine anschließende Facharztausbildung (etwa 5 Jahre) im Bereich der Psychotherapie absolviert. Im Gegensatz zu Psychotherapeut/innen dürfen Psychiater/innen Medikamente wie Antidepressiva oder Antipsychotika verschreiben. Haben Psychiater/innen im Rahmen ihrer Facharztausbildung ein Therapieverfahren gelernt, sind sie ebenfalls dazu berechtigt, Gesprächstherapien (z.B. Verhaltenstherapie) durchzuführen. Oft liegt der Fokus der psychiatrischen Behandlung auf der Verschreibung von Medikamenten. Für langfristige, intensive Gesprächstherapie überweisen sie Patient/innen oft an Psychotherapeut/innen. Es ist jedoch auch möglich, dass Psychiater/innen eine kombinierte Therapie aus medikamentöser und Gesprächstherapie anbieten.
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/in (KJP)
Bis zur Psychotherapeutenreform von 2020 war es möglich, eine Ausbildung zum KJP zu absolvieren, wenn man vorher Pädagogik oder Sozialpädagogik studiert hat. Nach der Reform ist es jedoch mittlerweile zwingend nötig, hierfür ein Psychologiestudium zu absolvieren, da auch Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/innen eine Approbation vorweisen müssen. Es gibt jedoch eine Übergangsregelung – wer vor 2020 mit dem Studium begonnen hat, hat noch bis 2032 Zeit, sich nach der alten Ordnung aufbauend auf das Pädagogikstudium an einem Lehrinstitut für KJP einzuschreiben und die Ausbildung abzuschließen. Nach der neuen Ordnung (ab 2020) erfordert es jedoch ein Psychotherapiestudium und eine darauf aufbauende Zusatzausbildung in Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie, da die Approbation zwingend zum Berufsbild dazugehört.
Heilpraktiker/in für Psychotherapie
Auch Heilpraktiker/innen, die sich auf das Gebiet der Psychotherapie spezialisiert haben, dürfen psychotherapeutisch arbeiten. Als Voraussetzung ist kein Psychologiestudium notwendig, dafür muss eine Heilpraktikerprüfung vor dem Gesundheitsamt abgelegt werden. Um sich auf diese vorzubereiten, reicht in der Regel ein 6-monatiger Kurs aus – es ist jedoch auch möglich, komplett autodidaktisch zu lernen. Dazu kannst du beispielsweise dieses Buch hier nutzen. Der Inhalt der Heilpraktikerprüfung für Psychotherapie ist hauptsächlich der Nachweis, dass man verschiedene Störungsbilder erkennen und voneinander abgrenzen kann. Durch die Heilpraktikerprüfung wird eine sogenannte Heilerlaubnis erworben. Diese berechtigt dazu, Psychotherapie anzubieten, jedoch nicht, diese über die Krankenkassen abzurechnen. Außerdem dürfen nur bestimmte Störungsbilder behandelt werden, beispielsweise Depressionen und Angststörungen. Psychosen oder neurologische Erkrankungen hingegen gehören in die Hände von approbierten Therapeut/innen und Psychiater/innen.
Ein Vorteil dieses Weges ist, abgesehen davon, dass kein Studium notwendig ist, dass Heilpraktiker/innen für Psychotherapie nicht an die vier Richtlinienverfahren gebunden sind. Stattdessen können sie auch alternative oder kreative Methoden wie Gestalttherapie, Tanztherapie oder Hypnotherapie anwenden.
Allerdings wird der Beruf in der Öffentlichkeit häufig auch kritisch gesehen, da die Ausbildung in der Regel weniger umfangreich ist als die von psychologischen Psychotherapeut/innen und Psychiater/innen. Manche Heilpraktiker/innen stehen in der Kritik, alternative oder unwissenschaftliche Methoden anzuwenden.
Umso wichtiger ist es daher, sich als Heilpraktiker/in für Psychotherapie trotz der recht einfachen Zugangsvoraussetzung intensiv weiterzubilden und verantwortungsvoll vorzugehen.
Beratung und Coaching mit therapeutischen Ansätzen
Psychologische Beratung und Coaching darf theoretisch jeder anbieten – auch ohne einschlägige Ausbildung, was natürlich nicht empfehlenswert ist. Die Berufsbezeichnungen sind in Deutschland nicht geschützt. Coaches können auch therapeutische Verfahren wie systemische Ansätze oder Gestalttherapie lernen. Sie haben jedoch keine Approbation und dürfen auch keine Psychotherapie anbieten. Stattdessen können sie Menschen bei Lebenskrisen oder beruflichen Herausforderungen unterstützen, bei denen keine psychische Störung vorliegt.
Vergleich der verschiedenen Wege
Ich habe dir jetzt insgesamt fünf Möglichkeiten aufgezeigt, wie du in eigener Praxis Menschen mit seelischen Herausforderungen unterstützen und begleiten kannst. Welche Möglichkeit für dich in Frage kommt, hängt von deinen eigenen Vorlieben ab, davon, welche zeitlichen und finanziellen Möglichkeiten dir zur Verfügung stehen und auch, in welchem Rahmen du später arbeiten möchtest. Wenn du beispielsweise über die Krankenkassen abrechnen möchtest, ist es zwingend notwendig eine Approbation zu erhalten. Schweben dir vor allem alternative Therapieverfahren vor, ist möglicherweise der Heilpraktiker für Psychotherapie der bessere Weg für dich.
Hier findest du noch einmal alle Berufswege im Überblick:
Beruf | Akademischer Hintergrund | Approbation nötig? | Krankenkassenabrechnung möglich? |
Psychologische/r Psychotherapeut/in | Psychologiestudium (vor 2020), Direktstudium Psychotherapie (nach 2020) | ja | ja |
Ärztliche/r Psychotherapeut/in, Psychiater/in | Medizinstudium | ja | ja |
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/in (KJP) | Pädagogikstudium, Sozialpädagogikstudium, Psychologiestudium (vor 2020), Direktstudium Psychotherapie (nach 2020) | ja (nach alter Ordnung nein) | ja |
Heilpraktiker/in für Psychotherapie | Nicht nötig | nein | nein |
Coach oder psychologische/r Berater/in | Nicht nötig | nein | nein |
Weitere Voraussetzungen für die eigene Praxis
Wenn du erfolgreich eine eigene Praxis führen möchtest, dann sind neben der Berufsausbildung noch weitere Voraussetzungen und Fähigkeiten notwendig. Dazu gehören auch organisatorische und praktische Aspekte.
So ist es beispielsweise wichtig, in therapeutischen Berufen eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen, um dich vor Schadensersatzansprüchen abzusichern. Denke außerdem über die folgenden Dinge nach:
Datenschutz (DSGVO)
Stelle sicher, dass du die Daten deiner Patient/innen nach Datenschutzverordnung schützen kannst. Dazu gehört die Verwendung einer sicheren Praxissoftware, der Abschluss eines Vertrages zur Auftragsdatenverarbeitung (z.B. mit Softwareanbietern) sowie eine Datenschutzerklärung für die Patient/innen.
Räumliche Anforderungen
Wenn du eine eigene Praxis eröffnen möchtest, dann brauchst du natürlich – es sei denn, du arbeitest online – auch eigene Praxisräume. Diese sollten mindestens einen Therapieraum und einen Wartebereich beinhalten. Beide müssen hygienischen Standards entsprechen und sind im Idealfall barrierefrei erreichbar. Je nach Therapie benötigst du Möbel wie ein Sofa, Stühle oder einen Schreibtisch, sowie therapeutische Hilfsmittel (Materialien für Tests oder Diagnostik).
Finanzielle und steuerliche Anforderungen
Unter Umständen musst du dich beim Finanzamt als Freiberufler oder Gewerbetreibender anmelden und eine Steuernummer beantragen. Befasse dich außerdem mit dem Thema Buchhaltung und richte ein separates Geschäftskonto ein. Vorab solltest du dir Gedanken über die Finanzierung machen. Eine Praxisgründung kostet in der Regel Geld (Miete, Einrichtung, Werbung), sodass die Kosten vorab gut kalkuliert werden wollen.
Marketing und Akquise
Wenn du eine Approbation besitzt und über die Krankenkassen abrechnen kannst, dann brauchst du vermutlich wenig Akquise. Trage dich in einschlägige Online-Verzeichnisse und auf Websites ein (z.B. Therapeutenlisten) und du wirst vermutlich eher zu viele als zu wenige Patientenanfragen haben. Wenn du als Heilpraktiker/in oder Coach/in arbeiten möchtest, dann benötigst du vermutlich mehr Werbung. Eine eigene Website und anderweitige Online-Auftritte (z.B. in den sozialen Medien) können dann hilfreich und notwendig sein.
Persönliche Fähigkeiten
Um deine Finanzen zu Verwalten und Marketing zu betreiben, ist ein gewisses unternehmerisches Denken hilfreich. Außerdem solltest du in der Lage sein, deine Termine gut organisieren und deine Zeit eigenverantwortlich verplanen zu können. Um die Qualität deiner Arbeit langfristig sicherzustellen, ist die regelmäßige Teilnahme an Weiterbildungen und Supervision erforderlich. Es kann sinnvoll sein, sich von einem Gründerberater oder einem Fachanwalt für Heilberufe unterstützen zu lassen, um alle rechtlichen und organisatorischen Details zu klären.