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Meditieren lernen im Studium für mehr Klarheit und Produktivität

Endlich! Studentenleben! Feiern bis zum Umfallen! Keine Verpflichtungen, keine Termine! Die Prüfungen kann man getrost ein Semester schieben. Erste eigene Wohnung, WG, Freiheit! Kommt dir bekannt vor? Nein? Das Klischee des „faulen Studenten“, der noch nie einem geordneten Tagesablauf nachgegangen ist und Eltern und Staat auf der Tasche liegt, ist vermutlich so alt wie die Universität selbst. Dabei geht der überwiegende Teil der Studierenden heutzutage einem Nebenjob nach, um sich das Studium zu finanzieren – auf Studierende, die erst mit 30, 40 oder 50 anfangen, trifft das ganz besonders zu. Umso wichtiger ist es, wenn man lernt, wie man sich zwischen dem ganzen Stress zu entspannen und die Gedanken zur Ruhe kommen zu lassen. Eine Möglichkeit dafür ist die Meditation. Doch was kann Meditation wirklich? Und wie kannst du meditieren lernen? Darum geht es im folgenden Artikel.

Was ist Meditation?

An der Fernuni Hagen, an der ich damals angefangen hatte zu studieren, waren im Wintersemester 2020/21 80 % der Studierenden berufstätig, viele davon in Vollzeit. Da bleibt in der Realität wenig Zeit, um sich die Nächte um die Ohren zu schlagen. Im Gegenteil: Arbeit, Studium und Privatleben unter einen Hut zu bekommen, erfordert Disziplin, Entschlossenheit und gutes Zeitmanagement. Vor allem in der Prüfungsphase kommt es dennoch nicht selten zu Überlastung und einem hohen Stresslevel. Umso hilfreicher ist es da, sich Methoden anzueignen, die dabei helfen, einen guten Umgang mit Stressfaktoren zu finden. Und nein – mit Methoden ist übrigens nicht „Alkohol“ gemeint – sondern Achtsamkeit und Meditation.

Meditation ist ein Entspannungsverfahren mit erwiesener Wirksamkeit – noch dazu hat sie eine große Palette weiterer positiver Auswirkungen auf die Psyche. Sie ist stark in den fernöstlichen spirituellen Traditionen verankert, hat jedoch mittlerweile einen festen Platz im alltäglichen Leben vieler Menschen, auch in der westlichen Welt. Methoden der kognitiven Neurowissenschaften legen sogar nahe, dass Meditation in der Lage ist, das Gehirn zu verändern.

Das Gehirn lernt niemals aus

Unser Gehirn ist neuroplastisch. Das bedeutet, dass es selbst im hohen Alter noch in der Lage ist, sich neu- und umzustrukturieren. Es ist nicht irgendwann fertig ausgebildet, sondern kann sich durch die Erfahrungen verändern, die wir im Laufe unseres Lebens sammeln. Wenn wir meditieren lernen, dann praktizieren wir zuallererst ein mentales Training, das uns lehren kann, die Aufmerksamkeit zu halten, ohne ständig gedanklich abzuschweifen oder Tagträumen nachzuhängen. Gleichzeitig verstehen wir durch die Beobachtung der eigenen Gedanken, welche Muster – teilweise auch dysfunktionale – hinter unserem Handeln stecken. Durch die Bewusstwerdung der inneren Strukturen und Dynamiken lassen diese sich zunehmend verstehen und verändern.

EEG-Studien, die diese Effekte untersuchen, wurden bereits recht früh, in den 1950er Jahren, mit indischen Yogis und japanischen Zen-Buddhisten durchgeführt. Kurzer Exkurs: Beim EEG werden insgesamt 21 Elektroden auf der Kopfhaut befestigt, um elektrische Aktivität auf der Gehirnrinde zu messen. Das EEG ist daher in der Lage, die Gehirnströme und somit verschiedene Bewusstseinszustände (Wachzustand, Schlaf, fokussierte Aufmerksamkeit, Koma, …) auszumachen. Die tieferen Strukturen des Gehirns können damit allerdings nicht abgebildet werden. Heutzutage gibt es dafür die sogenannte Magnetresonanztomografie, kurz „MRT“. Beim MRT wird ein starkes Magnetfeld erzeugt, auf welches bestimmte Atomkerne im menschlichen Körper reagieren. Die Resonanz, die dadurch entsteht, unterscheidet sich je nach Art des Gewebes. Indem die unterschiedlichen Signale von einem Computer schließlich in Bilder umgerechnet werden, kann das Körperinnere sichtbar gemacht werden.

Achtsamkeit verändert das Gehirn

Ein deutsch-amerikanisches Forscherteam untersuchte auf diese Weise die Auswirkungen eines achtwöchigen Achtsamkeitstrainings. Von den 16 Studienteilnehmenden wurden sowohl vor als auch nach dem Kurs Kernspinntomographieaufnahmen angefertigt. Dabei stellte man fest, dass über die acht Wochen hinweg die Dichte der grauen Gehirnsubstanz, insbesondere im Hippocampus, einem Teil des limbischen Systems, zugenommen hat. Der Hippocampus spielt eine Rolle bei der Funktion des Gedächtnisses sowie der Regulation von Emotionen. Gleichzeitig nahm die Dichte der grauen Substanz in der Amygdala ab – einer Gehirnstruktur, die bei der Verarbeitung von Angst und Stress aktiv wird.

In einer weiteren Studie von Chris C. Streeter und Kollegen von 2007 wurde der Neurotransmitter GABA in einer Gruppe Yogapraktizierender untersucht, nachdem sie eine 60-minütige Yogaeinheit durchgeführt hatten. Eine Kontrollgruppe las in dieser Zeit ein Buch. Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass nach der Yogastunde eine erhöhte Konzentration des Neurotransmitters GABA vorhanden war. GABA wirkt auf das zentrale Nervensystem entspannend, angstlösend und beruhigend.

Eine dritte spannende Studie zu diesem Thema stammt aus dem Jahr 2004. Antoine Lutz und Kollegen untersuchten hier mit Hilfe von EEG-Aufzeichnungen die Gehirnströme erfahrener buddhistischer Meditierender. Dabei wurden während der Meditation starke Oszillationen im Bereich der Gamma-Wellen festgestellt, die als neuronales Korrelat des Zustands geistiger Klarheit gesehen werden können, von dem Praktizierende häufig berichten. Im Alltag sind Gamma-Wellen dann zu finden, wenn wir uns in Zuständen hoher Konzentration und mentaler Leistungsfähigkeit befinden. Sie werden mit dem Lernen und einer erhöhten Wahrnehmung assoziiert. Als Kontrollgruppe wurden Studierende untersucht, die zwar Interesse an Meditation bekundet hatten, jedoch vorher keine signifikanten Erfahrungen auf dem Gebiet gesammelt hatten. Dabei beobachteten die Wissenschaftler, dass sich die Gamma-Wellen-Oszillationen der Meditationserfahrenen stark von denen der Anfänger unterschieden – auch und vor allem vor Beginn der Meditation.

Welche Vorteile hat es, meditieren zu lernen?

Meditation und Achtsamkeitsübungen können dabei helfen, einen klaren Kopf zu bewahren. Insbesondere wenn du in stressigen Situationen dazu neigst, vermehrt zu grübeln, zu prokrastinieren und in Ängste zu verfallen, solltest du meditieren lernen. Noch dazu ist Meditation vorbeugend bei Überbelastungssituationen wirksam: Wer besser mit sich im Kontakt steht, kann auch Stresssignale früher wahrnehmen und rechtzeitig gegensteuern. Durch regelmäßige Übung verbessert sich außerdem deine Konzentrationsfähigkeit und es wird leichter, den Fokus zu halten, ohne sich ablenken zu lassen. Du lernst schneller und hast insgesamt eine schnellere Auffassungsgabe und bessere Gedächtnisleistungen. Meditation fördert die Kreativität und die Fähigkeit, unkonventioneller und freier zu denken. Mit der Zeit entsteht ein tiefes Gefühl von Selbsterkenntnis und Selbstannahme. Es wird dir leichter fallen, in dich selbst zu vertrauen und deine Gefühlszustände zu regulieren. Dein Selbstwertgefühl steigt und damit einhergehend erlebst du Zustände innerer Ruhe und Ausgeglichenheit.

Wie fängt man am besten an?

Man kann hundert Bücher über Meditation lesen und unzählige Workshops besuchen. Dabei gibt es die verschiedensten Techniken, die im Liegen, Sitzen oder sogar Gehen geübt werden können. Mit dem Intellekt lässt sich der meditative Zustand jedoch nicht begreifen. Der wichtigste, simpelste und zugleich schwierigste Tipp beim meditieren lernen ist der: Einfach machen.

Häufig verzweifeln Meditationsanfänger*innen daran, dass sie krampfhaft versuchen, keinen Gedanken zu haben. Irgendwann werfen sie das Handtuch und meinen, sie wären einfach nicht für die Meditation gemacht. Tatsächlich ist die komplette Gedankenfreiheit ein Zustand, den meistens selbst erfahrene Praktizierende nur selten erleben. Für den Anfang ist er ein Ziel, das viel zu hoch gegriffen ist. Halte dich daher besser an eine andere Tugend, die uns die Meditation lehren kann: Geduld.

Es ist noch kein Yogi vom Himmel gefallen

Fange klein an. Nimm dir fünf Minuten Zeit. Begebe dich an einen Ort, an dem du von niemandem gestört wirst, setze oder lege dich bequem hin, schalte dein Smartphone aus. Schließe die Augen und beobachte deine Gedanken. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn die täglichen fünf Minuten zur Gewohnheit geworden sind, steigere dich langsam. Täglich eine Minute zu üben ist besser als sich einen Tag vollkommen zu überfordern und die darauffolgenden Tage keine Lust mehr auf die Praxis zu haben. Sei nachsichtig mit dir. Wenn du einen Tag ausgelassen hast, ärgere dich nicht zu sehr. Setze dich einfach am nächsten Tag wieder auf deinen Meditationsplatz. Bleibe dran. Irgendwann werden sich ganz automatisch Veränderungen einstellen. Bei manchen Menschen dauert es länger, bei anderen geht es schneller. Die Zeit spielt keine Rolle. Es geht nicht darum, irgendwo anzukommen.

Irgendwann wirst du dich weniger in deinen Gedanken verstricken, da sie dir, einmal bewusst gemacht, wie alte Bekannte vorkommen. Tatsächlich sind die meisten Gedanken, die uns tagsüber beschäftigen, meist nicht so innovativ und spannend, wie wir bisweilen meinen. Im Gegenteil: Oft sind sie einfach nur Variationen der immergleichen Themen. Du heißt sie willkommen und lässt sie wieder gehen. Nichts wird verändert. Nichts wird bewertet. Zumindest nicht in diesen täglichen Minuten, die du der Meditation widmest. In diesen Minuten gibst du dich der Gegenwart hin, in dem Wissen, dass du nichts Weiteres tun musst, außer präsent zu sein. Von dort aus entfaltet sich der weitere Prozess wie von selbst. Einatmen, ausatmen, da-sein.  

Ressourcen

Gute Bücher zum Thema Meditation & Achtsamkeit:

Kabat-Zinn: Im Alltag Ruhe finden: Meditationen für ein gelassenes Leben. München: KnaurLeben 2019.*

Beer, Peter: Meditation: Stress und Ängste loswerden und endlich den Geist beruhigen. München: Arkana 2021.*

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