Jedes Semester müssen sich Studierende neu mit ihr herumschlagen: Der Klausurenphase. Es ist jene Zeit, in der man ohne kaum noch isst und schläft, literweise Kaffee in sich hineinschüttet und die Freunde einen nicht mehr zu Gesicht bekommen. Die Bibliothek ist das zweite Zuhause und manchmal wird man nachts dort eingeschlossen, weil man über dem Lernstoff eingeschlafen ist und nicht bemerkt hat, dass bereits geschlossen wird. Ist die Phase vorbei, fühlt man sich wie ein seelisches Frack und fragt sich regelmäßig, warum man sich all das antut. Doch muss das zwangsläufig so sein? Gibt es nicht bessere und produktivere Arten, den Lernstoff zu verinnerlichen, als „Bulimie-Lernen“? Ich bin davon überzeugt, dass du mit der richtigen Planung keine Angst vor der Klausurenphase haben musst. Gut strukturiert und organisiert – ein idealer Lerntag hlift dabei, deinen Stress zu reduzieren und die Motivation zu steigern. So schreibst du bessere Noten, ohne dass dies auf Kosten deiner Freizeit, deiner Freundschaften und deiner seelischen Gesundheit geht. In diesem Artikel erkläre ich dir, worauf es dabei ankommt.
Schaffe dir bewusste Routinen
Im letzten Artikel habe ich dir einige Tipps mit an die Hand gegeben, mit denen du im Studium vorankommst, auch wenn du nicht motiviert bist. Ein wichtiger Aspekt dabei war es, gute Routinen zu etablieren. Routinen sorgen dafür, dass du deutlich weniger Disziplin und Willenskraft benötigst, um durch den Lerntag zu kommen. Routine bedeutet nicht, dass jeder Tag exakt gleich aussehen muss. Es hilft jedoch, wenn du versuchst, die Tagesstruktur in etwa ähnlich zu gestalten, sprich: Gehe immer zu einer ähnlichen Zeit ins Bett und stehe zur gleichen Zeit auf. Achte darauf, dass du Bewegung in deinen Tag einbaust, zum Beispiel in Form eines Workouts oder eines Spazierganges. Überlege dir vorab, zu welcher Zeit du Feierabend machen möchtest. Feste Feierabendzeiten sorgen dafür, dass du deine Freizeit so planen kannst, wie es dir guttut, zum Beispiel, indem du dich verabredest oder dir vorher schon überlegst, was du machen möchtest. Vor allem, wenn dein Alltag unter dem Semester stark durch Lehrveranstaltungen und Termine an der Uni strukturiert war, helfen Routinen dabei, eine gewisse Tagesstruktur beizubehalten.
Achte auf gesunde und ausgewogene Mahlzeiten
Wenn du an einem idealen Lerntag über einen langen Zeitraum hinweg geistig aktiv und leistungsfähig sein möchtest, brauchst du Nervennahrung. Und damit meine ich nicht Schokolade oder andere Süßigkeiten – ich meine Nahrung, die dein Gehirn mit der nötigen Energie versorgt. Schoki und andere ungesunde Snacks geben zwar einen schnellen Energieschub und heben auch kurzfristig deine Laune. Danach fällt jedoch dein Glukosespiegel rapide ab und du wirst dich noch erschöpfter fühlen als vorher. Besser ist es also, Lebensmittel zu wählen, die dich über einen längeren Zeitraum hinweg gleichmäßig mit Energie versorgen, um das Leistungstief zu vermeiden. Gut geeignet sind beispielsweise Nüsse oder Trockenobst. Bei der Zubereitung deiner Hauptmahlzeiten solltest du auf folgende Nährstoffe achten:
- Kohlenhydrate: Glukose ist die primäre Energiequelle für das Gehirn. Ideal sind komplexe Kohlenhydrate, wie sie in Vollkornprodukten, Haferflocken, Quinoa oder Hülsenfrüchten vorkommen.
- Omega-3-Fettsäuren: Diese sind relevant für die generelle Gehirngesundheit. Sie verbessern darüber hinaus auch die Kommunikation zwischen den Synapsen und haben eine entzündungshemmende Wirkung. Du findest sie beispielsweise in Fischen wie Lachs oder Makrelen sowie in Walnüssen, Chiasamen und Leinsamen.
- Proteine: Proteine bestehen aus Aminosäuren, welche wichtig für die Produktion von Neurotransmittern wie Dopamin oder Serotonin sind. Diese Neurotransmitter beeinflussen wiederum deine Stimmung und Konzentrationsfähigkeit. Proteine sind in Eiern, Bohnen oder Nüssen enthalten.
- Vitamine: Fürs Lernen solltest du insbesondere auf ausreichend B-Vitamine, Vitamin D und Vitamin E achten. B-Vitamine sind für die Funktion des Nervensystems relevant. Sie sind in hauptsächlich in tierischen Lebensmitteln enthalten. Wenn du dich vegetarisch oder vegan ernährst, ist mitunter ein Vitamin-B-Komplex-Präparat sinnvoll. Vitamin D wird gebildet, wenn du dich in der Sonne aufhältst. Versuche daher, täglich für mindestens eine halbe Stunde nach draußen zu gehen – im Winter im Idealfall zur Mittagszeit. Viele Menschen in Deutschland und Mitteleuropa sind im Winter nicht ausreichend mit Vitamin D versorgt, weswegen eine Supplementierung sinnvoll sein kann. Vitamin E ist ein kraftvolles Antioxidans, welches die Gehirnzellen vor Schäden schützt. Du findest es in Nüssen, Samen und Olivenöl.
- Mineralstoffe: Hier sind besonders Magnesium (fördert die Entspannung und reduziert Stress), Zink (unterstützt das Gedächtnis) und Eisen (für die Sauerstoffversorgung des Gehirns) zu nennen.
Neben einer ausgewogenen Ernährung solltest du unbedingt darauf achten, ausreichend zu trinken. Wenn du dehydriert bist, wird das deine Konzentrationsfähigkeit stark beeinträchtigen. Ideal sind Wasser und ungesüßte Tees – mindestens zwei Liter pro Tag.
Organisiere den Lernstoff
Um Stress zu vermeiden, ist es sinnvoll, dir einen groben Lernplan für deine Klausurenphase zu erstellen. Hier notierst du, welche Inhalte du an welchen Tagen lernen möchtest. Diese Stringenz ist auch dann hilfreich, wenn du neben der Arbeit studierst und nur die Nachmittage oder Abende zum Lernen zur Verfügung hast. Ein Lernplan kann dir auch dabei helfen, realistisch einzuschätzen, wie viel Zeit du benötigen wirst und ob die vorhandene Zeit ausreicht. Vielleicht stellst du dabei fest, dass du dir ein paar Tage Urlaub nehmen oder bereits früher mit dem Lernen anfangen solltest.
Aus dem Lernplan, den du dir für den gesamten Zeitraum erstellt hast, machst du dir zusätzlich einen Plan für jeden einzelnen Tag. Schreibe diesen am besten schon am Abend vorher. So kannst du dich über die Nacht innerlich auf die Aufgaben des nächsten Tages einstellen und am Morgen direkt loslegen.
Die Lernzeit in feste Blöcke unterteilen
Kennst du schon die Pomodoro-Technik? Bei dieser Technik geht es darum, dass du dir die Lernzeit in verschiedene Intervalle unterteilst. Dies beugt Prokrastination vor, hilft dir dabei, konzentriert zu bleiben. Beispielweise unterteilst du einen 90-Minuten-Lernblock in drei Abschnitte. Jeder Abschnitt besteht aus 25 Minuten Lernen und 5 Minuten Pause. Über die 25 Minuten Lernzeit stellst du dir einen Timer. Gut eignet sich auch die Forest App, die ich in diesem Artikel zu praktischen Online-Tools bereits vorgestellt habe. Diese Technik sorgt dafür, dass du weniger mit den Gedanken abschweifst, weil du bewusste Pausen – für eben jenen Zweck – in deinen Plan einbaust. Achte außerdem während der Lernzeiten darauf, Ablenkungen zu minimieren. Schaue, dass dein/e Partner/in, Mitbewohner/innen oder Familienmitglieder Bescheid wissen und dich möglichst wenig stören. Gegebenenfalls kannst du auch dein Smartphone in einen anderen Raum legen und Ohropax oder Noise Cancelling Kopfhörer nutzen, um die Umgebungsgeräusche auszublenden.
5 Lerneinheiten pro Tag
Wenn du den ganzen Tag zum Lernen eingeplant hast, dann reichen 5 Lerneinheiten völlig aus. Eine Lerneinheit sollte in etwa 90 Minuten dauern. Mit der Pomodoro-Technik würdest du diese 90 Minuten wiederum in Blöcke zu je 25 Minuten fokussierter Lernzeit und anschließend 5 Minuten Pause unterteilen. Einen solchen Lernblock à 90 Minuten könntest du beispielsweise so unterteilen:
- 25 Minuten Wiederholung (Karteikarten durchgehen), 5 Minuten Pause
- 25 Minuten neuen Stoff aufarbeiten, lesen, verstehen, Folien aus Vorlesungen durchgehen, 5 Minuten Pause
- 25 Minuten Karteikarten schreiben (für den Stoff, den du eben neu aufgearbeitet hast), 5 Minuten Pause
Am Ende deines Lerntages solltest du kurz notieren, was du am Tag geschafft hast und einen Plan für den nächsten Tag erstellen, damit du am nächsten Morgen direkt anfangen kannst.
Beispielhafter idealer Lerntag
Ein idealer Lerntag sollte an deinem eigenen Biorhythmus orientiert werden. Dafür ist es hilfreich, wenn du dich über einen gewissen Zeitraum hinweg einmal beobachtest und dabei aufschreibst, zu welchen Tageszeiten du am produktivsten und konzentriertesten bist. Es macht keinen Sinn, deine Lerneinheiten in eine Tageszeit zu verlegen, zu der du immer ein Mittagstief hast. Auf diese Weise würdest du nur unnötig Lebenszeit verschwenden, die du ansonsten besser für eine entspannte Tätigkeit wie einen kleinen Spaziergang oder ein Powernap nutzen könntest. Wenn du deine leistungsfähigste Phase am Morgen hast, ist es sinnvoll, früh aufzustehen, um Energie und Tatendrang zu nutzen. Ich liebe es beispielsweise in Zeiten, in denen viel los ist, meinen Wecker auf 5 Uhr zu stellen. Gehörst du eher zu den Nachteulen, kannst du möglicherweise Abend und Nacht besonders gut zum Lernen nutzen.
Im Folgenden möchte ich dir vorstellen, wie ein beispielhafter idealer Lerntag aussehen kann, so wie ich ihn gestalten würde. Für dich könnte eine andere Struktur ganz anders aussehen. Ich rate dir daher, dich selbst kennenzulernen und zu beobachten, um deinen eigenen und individuellen Tagesplan zu erstellen. Mein Plan kann dir dabei möglicherweise als Inspiration dienen.
Hier also mein idealer Lerntag:
5.00 Uhr – 6.00 Uhr: Aufstehen, Kaffee, Morgenroutine, kalte Dusche
6.00 Uhr – 7.30 Uhr: Lernblock 1
7.30 Uhr – 8. 30 Uhr: Frühstück
8.30 – 10.00 Uhr: Lernblock 2
10.00 – 11.00 Uhr: aktive Pause (z. B. ein Workout oder Spaziergang)
11.00 – 12.30 Uhr: Lernblock 3
12.30 Uhr – 14.00 Uhr: Mittagspause (Mittagsessen und eventuell ein Powernap)
14.00 – 15. 30 Uhr: Lernblock 4
15.30 – 16.00 Uhr: kurzer Spaziergang oder Erledigungen (z.B. schnell etwas einkaufen fürs Abendessen)
16. 00 – 17.30 Uhr: Lernblock 5
17.30 – 18.00 Uhr: Lerntag zusammenfassen, Plan für den nächsten Tag schreiben, Arbeitsplatz aufräumen
Ab 18.00 Uhr: Feierabend
Du merkst vielleicht, dass dieser Tag ziemlich voll und durchstrukturiert ist. Ich achte darauf, solche vollen Tage wirklich nur für maximal zwei Wochen am Stück einzuplanen, inklusive freies Wochenende, da ich weiß, dass ich das Pensum sonst nicht durchhalten kann. Auf diese Weise lässt sich jedoch in einem relativ kurzen Zeitraum sehr viel Lernstoff unterbringen, wobei du relativ gründlich lernen kannst. Die regelmäßigen Pausen für Workouts, Mahlzeiten und Frischlufttanken tragen dazu bei, dass du jede Lerneinheit konzentriert durchziehen kannst. Geht ein idealer Lerntag zu Ende. hast du dann viel gelernt, dich gesund ernährt und deinen Körper etwas bewegt. Den Feierabend kannst du nun ganz so gestalten, wie es dir gefällt – entspannt in dem Wissen, dass du alles erledigt hast.
Wie sieht dein idealer Lerntag aus? Welche Routinen helfen dir dabei, langfristig produktiv zu bleiben und konzentriert zu lernen?